Weltnichtrauchertag am 31.05.2024

Empfehlungen der Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt

Kaum jemand kifft, der nicht auch Tabak raucht. Daher ist Tabakprävention auch Cannabisprävention.

Die Teillegalisierung von Cannabis stellt alle Präventionsakteure vor Herausforderungen. Auf kommunaler Ebene werden dringende Entwicklungsbedarfe gesehen.

Wirksame Präventionskonzepte sind vorhanden. Vor Ort ist Personal für die Umsetzung erforderlich. Ohne ausreichend Fachkräfte für Suchtprävention, für Jugendschutz und für Schulsozialarbeit ist wirksame Prävention nicht zu erwarten.

1. Vorbeugung bei gefährdeten Jugendlichen mit Konsumerfahrung (indizierte Prävention) durch geeignete Frühinterventionsprogramme für Kinder und Jugendliche

Nach § 7 Konsumcannabisgesetz – KCanG sollen besonders gefährdeten Minderjährigen „geeignete Frühinterventionsprogramme“ vermittelt werden: hierzu zählt u.a. das Programm „Fred – Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten“ (https://www.lwl-fred.de/de/). In angeleiteten Gruppengesprächen entdecken die Jugendlichen die Funktionen des Suchtmittelkonsums und entwickeln für sich Alternativen.

In Sachsen-Anhalt arbeiten an vielen Suchtberatungsstellen bereits zertifizierte TrainerInnen[1]. Fachkräfte der Jugendhilfe, des erzieherischen Jugendschutzes und der Jugendgerichtshilfen können im Tandem mit einer Fachkraft der Suchtprävention dieses Angebot umsetzen.

  • Alle Kommunen sollten ein entsprechendes Frühinterventionspräventionsprogramm, angeboten durch Suchtberatung bzw. Suchtprävention in Kooperation mit Jugendhilfe/-schutz, vorhalten.
2. Vorbeugung für anfällige Zielgruppen (selektive Prävention)

Suchtprävention kann jede:r, oder? Leider nein. Wirksame Suchtprävention folgt eher nicht dem so genannten „gesunden Menschenverstand“. So schützt nachweislich Wissen nicht vor Konsum, im Gegenteil: Konsumierende sind im Großen und Ganzen besser informiert als Nicht-Konsumierende. Unterhaltsame Information hat häufig sogar werbende Effekte. Abschreckung hat ebenfalls keine präventive Wirkung. Deswegen setzen wir auf evidenzbasierte und evaluierte Konzepte.

Auch in Sachsen-Anhalt gibt es bereits gute Suchtpräventionsangebote wie den „Grünen Koffer“ oder „Cannabis.Kompakt“ für Schulen, für Einrichtungen der Jugendfreizeit und andere, die unbeabsichtigte Nebenwirkungen vermeiden[2].

  • In allen Kommunen sollten ausreichend Fachkräfte für Suchtprävention vorhanden sein, die diese Programme durchführen und ihre Partner vor Ort schulen können.
3. Jugendschutz und Suchtprävention in der Öffentlichkeit (universelle Prävention)

Mit dem neuen Cannabisgesetz soll vieles besser gemacht werden als beispielsweise beim Alkohol: kein Konsum und kein Besitz für Minderjährige, keine Werbung, Jugendschutz in der Öffentlichkeit. 

Prägend für Konsumgewohnheiten ist vor allem das alltägliche Erleben von Suchtmittelkonsum im eigenen Lebensraum. Beispiel: als „normal“ erlebtes Tabakrauchen in der Alltagsumgebung fördert die individuelle Neigung zum Tabakrauchen. Umgekehrt gilt dasselbe: rauchfreie Räume wirken präventiv.

Die Wissenschaft zeigt: kaum jemand konsumiert Cannabis, der nicht auch Tabakerzeugnisse raucht oder dampft[1]. Daher ist Tabakprävention auch Cannabisprävention.

Nach Daten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben im Jahr 2021 3,5% der 12-17-Jährigen in den letzten 30 Tagen Cannabis konsumiert. Von diesen waren nur 1,3% Nichtraucher.

  • Nichtraucherschutz durch Rauchfreiheit im öffentlichen Raum wie z.B. in Parks, Spielplätzen, Haltestellen des ÖPNV, aber auch auf Schulhöfen Berufsbildender Schulen ist durch einen legalisierten Umgang mit Cannabis noch wichtiger geworden. Die Frage, Rauchen sie noch oder kiffen sie schon?“ sollte sich niemand stellen müssen. Kommunale Regelungen zum Nichtraucherschutz und die Kontrolle von deren Einhaltung werden benötigt. Zudem muss endlich das Nichtraucherschutzgesetz Sachsen-Anhalt aktualisiert werden, auch hinsichtlich der Anpassung an das Jugendschutzgesetz.
  • Benötigt werden gute Regelungen zu rauchfreien Zonen und deren Kontrolle (ordnungsrechtlicher Jugendschutz), und damit Personal für die Durchführung der Kontrollen.
4. Gemeinsam Verantwortung in der Kommune übernehmen

Prävention fordert die Kooperation vieler Bereiche: Gesundheitsamt, Jugendamt, Ordnungsamt, Polizei, Suchtberatung und Prävention und weiterer. Daher raten wir zur Bildung Kommunaler Verantwortungsgemeinschaften, die miteinander die kommunalen Regelungsbedarfe lokalisieren, den Personalbedarf planen und auch entsprechende Unterstützung einfordern. 

  • An kommunalen „Runden Tischen“ bzw. in suchtpräventiven Arbeitskreisen sollten Maßnahmen und Zuständigkeiten abgestimmt, miteinander verzahnt und gemeinsam umgesetzt werden. In allen Bereichen ist ausreichend Personal erforderlich, sowohl beim erzieherischen Jugendschutz und der Suchtprävention als auch beim ordnungsrechtlichen Jugendschutz und der Umsetzungskontrolle.

Alles Beschriebene gilt in ähnlicher Weise für die Prävention gegenüber anderen Suchtgefährdungen. Für Anregungen und Informationen stehen wir gern zur Verfügung.

Gez. Helga Meeßen-Hühne

Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt – Fachausschuss der LIGA FW im LSA
T: 0391 5433818          E: info@ls-suchtfragen-lsa.de


[1] https://www.ls-suchtfragen-lsa.de/veranstaltungen/mgv2022/


[1]  https://www.ls-suchtfragen-lsa.de/wp-content/uploads/2024/05/Empfehlung-LS-LSA_Cannabis-Teillegalisierung_Schulen-1.pdf


[1] https://www.lwl-fred.de/de/fred-standorte/